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Luca Content | Fitness & Ernährung
Team Fitnessletter

Aktualisiert am
04. September 2017


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Muskelkater: Wichtig für den Muskelaufbau?

Sonstiges

In diesem Artikel schauen wir uns an, wie Muskelkater entsteht und was er für den Muskalaufbau bedeutet...

Muskelkater
Muskelkater. Bild: ra2 studio | Adobe Stock
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ieses schmerzende Gefühl, welches sich ein bis zwei Tage nach einer ungewohnten oder schweren Belastung einstellt, kennt jeder: Muskelkater. Aber ist er wirklich so dringend notwendig, wenn man Muskeln aufbauen möchte?

Was ist Muskelkater und wie entsteht er?

Um zu verstehen, warum er wichtig für den Muskelaufbau sein könnte, muss man erst wissen, was Muskelkater überhaupt ist. Lass uns deshalb zunächst einen Blick auf die physiologischen Grundlagen werfen.

Früher ist man davon ausgegangen, dass Muskelkater von der Laktatbildung im Muskel herrührt. Da Laktat jedoch sehr schnell gebildet und auch schnell wieder abgebaut wird, wurde diese These verworfen.

Heute ist man sich sehr sicher, dass der Schmerz, den wir als Muskelkater spüren, von feinen Rissen in der Muskulatur kommt. Diese Mikrotraumata entstehen, wenn der Muskel gleichzeitig gedehnt und angespannt wird.

Ein Beispiel für eine solche Bewegungen ist die exzentrische Phase einer Wiederholung oder, um etwas alltäglicheres anzuführen, das Heruntersteigen von Treppen.

Schematische Muskelkontraktion
Schematische Darstellung der Muskelkontraktion

In dieser schematischen Darstellung kannst Du den exakten Ablauf einer Muskelkontraktion sehen. Die Mikrotraumata entstehen an den Z-Scheiben. Der Schmerz entsteht jedoch nicht durch die Risse selbst, sondern erst durch den darauf folgenden Reparaturprozess.

Während diesem wird Wasser in die Traumata eingespült, es kommt zu einer Bildung von Ödemen und der Riss wird gedehnt. Diese Dehnung empfinden wir als Muskelkater.

Man muss allerdings wissen, dass diese Risse mehr oder weniger bei jeder Belastung entstehen. Bei einer geringen Anzahl ist das entstehende Schmerzsignal jedoch so gering, dass wir es nicht bemerken.

Dieser Fakt bietet eine wunderbare Überleitung zum nächsten Thema, der Intensität des Muskelkaters.

Muskelkater ist nicht gleich Muskelkater!

Einen leichten Muskelkater durch ungewohnte Belastung oder Bewegungen hatte jeder schon mal, auch wenn Du bisher keinen Sport gemacht hast. Wer es als Neueinsteiger mit dem Krafttraining übertreibt, der wird sich zum Teil bis zu einer Woche mit dem Muskelkater quälen.

An dieser Stelle sei gesagt, dass keine Form des Muskelkaters schädlich ist. Alle Mikrotraumata werden vom Körper restlos repariert.

Der menschliche Körper ist im Übrigen sehr anpassungsfähig: Fast jede ungewohnte Belastung im Krafttraining sorgt am Anfang für Muskelkater, aber genauso kann sich der Körper an fast jede Form der Belastung gewöhnen, sodass der Muskelkater irgendwann nur noch sehr gering ausfällt.

Warum sollen Muskeln durch Muskelkater wachsen?

Man hört zwar oft, dass Muskelkater das Muskelwachstum anregt, aber was soll die Reparatur von Mikroverletzungen im Muskel mit Muskelwachstum zu tun haben?

Man muss hierbei immer bedenken, dass der menschliche Körper sehr stark auf seine Umwelt reagiert. Wenn wir unserem Körper über längere Zeit zu wenig Nahrung zuführen, reagiert dieser irgendwann nicht mehr mit anhaltendem Gewichtsverlust, sondern reduziert seinen Stoffwechsel, um Energie zu sparen.

Wenn wir immer wieder schwere Sachen durch die Gegend tragen, bekommen wir eine Hornhaut, um die Haut vor Verletzungen zu schützen.

Und wenn wir dem Muskel immer wieder kleine Verletzungen zufügen, wird dieser stärker, um sich vor einer drohenden Überlastung zu schützen.

Beim Reparaturprozess wird der Muskel also nicht nur vollständig wiederhergestellt, sondern wird durch eine Verdickung sogar größer und stärker! Auf biologischer Ebene kann dies über 2 Wege geschehen; zum einen können neue Muskelfasern gebildet werden (sehr selten!), zum anderen können die beschädigten Z-Scheiben durch eine erhöhte Proteineinlagerung von Aktin und Myosin gestärkt werden.

Eine Vermehrung der nicht kontraktilen Proteine (sarkoplasmatisches Muskelwachstum) wird nicht durch die Mikrotraumata direkt ausgelöst.

Warum man auch ohne Muskelkater Muskeln aufbauen kann

Der exakte Vorgang des Muskelaufbaus ist ein sehr spannendes Thema, welches bis heute noch nicht endgültig wissenschaftlich geklärt ist. Fest steht jedoch, dass viele Wege nach Rom führen und dass einige dieser Wege auch ohne regelmäßigen Muskelkater funktionieren.

Bevor wir hier in die Theorie gehen, möchte ich Dir anhand eines Beispiels aus der Realität zeigen, dass Muskelaufbau auch ohne Muskelkater möglich ist.

Wenn man sich die Bilder von Profiturner Fabian Hambüchen anschaut, kann man nicht gerade behaupten, dass dieser Mann wenig Muskulatur oder einen untrainierten Körper hat.

Kann jemand, der zeitweise mehrmals am Tag ein Training absolviert, regelmäßig Muskelkater haben? Die Antwort ist Nein. In einem Interview gab er sogar an, dass er nicht mal gezieltes Krafttraining absolviert, sondern, zumindest für den Oberkörper, einzig und alleine das Training an den Turngeräten absolviert.

Übertragen auf das Krafttraining bedeutet das, wenn Du eine Muskelgruppe oft trainierst, brauchst Du offenbar keinen Muskelkater. Dieser wäre sogar kontraproduktiv, da Du aufgrund des Muskelkaters eventuell sogar Einheiten ausfallen lassen müsstest.

HFT - Muskeltraining ohne Muskelkater

Diese Form des Trainings nennt man HFT (Hochfrequenztraining). Im Endeffekt bedeutet es, dass man einen Muskel oft trainiert, dafür aber mit einer relativ niedrigen Intensität und einem geringen Volumen.

Wenn man bedenkt, dass Turner nicht unbedingt auf einen erheblichen Muskelaufbau aus sind und trotzdem solche Körper vorweisen können, muss man über die Effektivität eines HF-Trainings nicht mehr streiten.

Weitere Auslöser für Muskelwachstum

Nun aber zur biologischen Ansicht: Muskelaufbau ist, wie ich bereits erwähnt habe, noch nicht vollständig entschlüsselt, dennoch sind viele der Auslöser bekannt, die neben passender Ernährung, guter Regeneration und einem gesunden Lebensstil für den Aufbau von Muskulatur verantwortlich sind.

Muskelkater ist einer von ihnen, über die anderen möchte ich im folgenden Abschnitt ein wenig erzählen.

1. Metabolischer Stress

Viele erfahrene Athleten (insbesondere Bodybuilder) behaupten, dass Gewicht nicht wichtig sei. Diese Aussage ist natürlich sehr pauschal, aber ein Stück Wahrheit steckt trotzdem dahinter.

Der Muskelaufbaureiz, welcher auch mit geringem Gewicht gesetzt werden kann, wird metabolischer Stress genannt. Durch die Ermüdung der Muskulatur, welche zum Beispiel durch eine sehr langsame Ausführung erreicht werden kann, schüttet der Körper vermehrt Wachstumshormone aus und reagiert somit auf die Überforderung des Muskels.

Studien haben ergeben, dass die Proteinsynthese, welche erheblich zum Muskelaufbau beiträgt, durch diesen metabolischen Stress erhöht wird.

2. Mechanischer Stress

Das Gegenstück zum metabolischen Stress ist die mechanische Spannung oder der mechanischen Stress. Ganz so egal, wie manche Bodybuilder behaupten, ist die mechanische Spannung nämlich doch nicht.

In der Theorie geht man davon aus, dass in den Muskelzellen durch das mechanische Spannungssignal eine Kette von Reaktionen ausgelöst wird, die Hypertrophie begünstigen. Schaut man sich in der Kraftsportszene um, sieht man, dass das Prinzip der mechanischen Spannung zu funktionieren scheint: Fast jeder Athlet, der respektable Kraftleistungen im Training vorzuweisen hat, verfügt auch über eine sehr gute Muskelmasse.

Hierbei gilt zu beachten, dass dieses Prinzip nicht zwangsläufig auch in die andere Richtung funktioniert. Es ist durchaus möglich, ein sehr hohes Kraftlevel zu erreichen, ohne massige Muskelberge aufzubauen (siehe Gewichtheber in niedrigen Gewichtsklassen).

Diese zwei Mechanismen werden, nach dem heutigen Forschungstand, als die Hauptverantwortlichen für den Aufbau von Muskulatur angesehen. Ich möchte nochmals betonen, dass die hier erwähnten Mechanismen nur den aktuellen Stand der Forschung darstellen und nicht zwangsläufig vollständig sind.

Fazit

Solltest Du nun auf Muskelkater hintrainieren oder nicht? Diese Frage ist, wie viele Fragen rund um das Thema Krafttraining, nicht pauschal zu beantworten.

Zunächst müssen wir natürlich definieren, von welcher Form von Muskelkater wir reden. Dass man nicht dauerhaft einen Muskelkater forcieren sollte, der eine Woche anhält und auch im Alltag hinderlich ist, halte ich für selbstverständlich. Abgesehen davon könntest Du in dieser Zeit der Regeneration auch nicht effektiv trainieren.

Solltest Du komplett auf Muskelkater verzichten? Das hängt stark von Deinen Zielen und dem Training ab, welches Du durchführen willst. Bei dem oben genannten HF-Training, welches sich insbesondere für Sportler eignet, die viel Zeit haben und das Krafttraining nur als Ergänzung zu ihrem eigentlichen Sport betreiben, ist es durchaus sinnvoll Muskelkater zu vermeiden.

Die wenigsten Trainierenden werden allerdings nach diesem Trainingsprinzip trainieren. Die Lösung liegt also irgendwo in der Mitte. In meinen Augen gehört, zumindest in leichter Form, ein Muskelkater zum Training dazu.

Im zweiten Teil habe ich bereits erläutert, dass Muskelkater durchaus zum Muskelaufbau beiträgt. Der durchschnittliche Trainierende hat nicht die Zeit, um 5-6 mal in der Woche trainieren zu gehen, womit sich das HF-Training nicht eignet.

Betrachtet man das Superkompensationsprinzip, braucht ein Muskel nach einem Training im Regelfall zwischen 48 und 72 Stunden um sich zu erholen, was bedeutet, dass der Muskel, für ein optimales Wachstum, sowieso erst 2-3 Tage nach einer Belastung wieder trainiert werden sollte.

Insgesamt kann man also sagen, dass vieles für einen Muskelkater spricht, dennoch würde ich mich aus Ihrer Sicht nicht zu sehr darauf fokussieren. Versuche Deine Muskulatur über die Faktoren des metabolischen Stress oder der mechanischen Spannung so zu beanspruchen, dass Du Dich immer wieder steigern und Deine Trainingsleistung verbessern kannst.

Wie bereits erwähnt gibt es fast keine muskulösen Athleten, welche nicht auch eine ordentliche Menge an Kraft haben. Wenn dabei ein leichter Muskelkater auftritt, kann das durchaus ein Indiz für ein gutes Training sein. Lass' Dich nur nicht zu dem Trugschluss verleiten, dass ein starker Muskelkater automatisch auf ein effektives Training hindeutet. Im ersten Kapitel habe ich aufgezeigt, dass ein Muskelkater auch leicht zu forcieren ist.

Welche Erfahrungen hast Du mit Muskelkater gemacht? Versuchst Du, in Ihrem Training Muskelkater zu forcieren oder willst Du ihn eher vermeiden?

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